O’kürzt is! Reflexionen aus der beschädigten Universität

Die Hochschulfinanzierung ist bundesweit an einem Tiefpunkt angekommen. Kolleg*innen in Hessen fahren deswegen bereits eine breit angelegte Kampagne, um gegen Mittelkürzungen zu protestieren. Und in Bayern? Seit der Einführung des Hochschulinnovationsgesetzes (BayHiG) haben sich „Moderniersierungs- und Technologisierungsprozesse“ bzw. „Einsparen von ganzen Fächern“ in den Hochschulalltag eingeschlichen. Wir haben uns deshalb gefragt: Wie wirkt sich das in Bamberg so aus? Aus Hintergrundgesprächen mit diversen Kolleg*innen konnten wir Einiges zusammentragen:

1. GuK
Wir wollen es nicht beschönigen: Hier sieht es sehr schlecht aus. Einzelne Sprachenangebote werden bereits komplett gestrichen, ein Lehrstuhl aus diesem Bereich wird momentan nur von eine*r einzige*n Mitarbeiter*in ohne Sekretariat und ohne  Professor*in getragen. Diese Professur ist gerade im Prozess neu besetzt zu werden, aber momentan ist der Ausblick, dass die Stelle der*des Mitarbeiter*in nicht verlängert wird. Es wurde mindestens ein Masterstudiengang wegen mangelnder Studierender  bereits gestrichen, die Sorge, dass noch mehr folgen, ist groß. Ein*e Kolleg*in erzählt uns: Ihre Mitarbeiterin hat eine 50% Stelle über den Master, der gestrichen wird, die demnächst dann auch wegfällt. Die Kolleg*in selbst ist zu 50% in einem Drittmittelprojekt ohne weitere Stellenanteile, obwohl nebenbei auch noch Lehre und Promotion laufen sollen. Folglich werden zwei Stellen als wissenschaftliche Mitarbeiter*innen demnächst nur noch über ein Drittmittelprojekt finanziert.

Was daraus natürlich folgt – und zwar institutsübergreifend – ist, dass studentische Hilfskräfte als billige wissenschaftliche Mitarbeiter*innen eingesetzt werden und das wissenschaftsstützende Personal in stark zerstückelten Stellen wenig Planungssicherheit hat.
Aber auch in Bereichen mit mehr Studierenden sieht es nicht besser aus: In einem großen Institut hat eine Professur gar keine wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen mehr, da die Mittel für diesen Bereich gekürzt wurden – und eine Professur musste eben in die Röhre schauen.

Unsere Prognose: Hier sind die so genannten „Orchideenfächer“ beheimatet. Es wird sich mit Drittmitteln über Wasser gehalten und wer jetzt noch nicht struggled oder bereits schon gestrichen ist, wird es bald. Es stehen noch einige Streichungen bevor, wenn hier nicht interveniert wird, die Lage ist düster.

2. HuWi
Kürzungen gibt es hier besonders bei der Bewilligung von Forschungsgeldern: Frühe Losverfahren und sinkende Förderquoten sind neu, die Begründung dafür sind oft steigende Lohnkosten des Personals. Diese klassische Arbeitgeber-Argumentation, die wir auch schon vom Studiwerk kennen, wenn mal wieder die Mensapreise steigen, ist ein Tritt ins Gesicht der Beschäftigten.
Ein*e Kolleg*in argumentiert, dass die Gelder ja da seien, sie müssten nur fairer verteilt werden – und verweist darauf, dass das unzähligste KI-Projekt vielleicht weniger weiterhilft als andere ausfinanzierte Bereiche.

Stattdessen aber fordert das neoliberale BayHIG von den Forschenden noch Transferforschung und Politikberatung, die obendrauf auf die Forschungsarbeit noch umgesetzt werden sollen, was die Frage aufwirft: Wird hier die freie Forschung eingeschränkt? Ein*e Kolleg*in berichtet, dass sich das im Forschungsprojekt bemerkbar mache, denn man könne ja nicht einfach einen neuen Arbeitsbereich erfinden ohne Stellen dafür zu schaffen. Deshalb seien die Inhalte aus dem BayHIG, die spürbar sind, meist Zusatzbelastungen. Wenn es Stellen für diese Mehrbelastungen geben würde, ließe sich das aber lösen – bloß gibt es diese Stellen halt nicht. Das ist ein konkretes Problem.

Unsere Prognose: Hier hat das BayHIG den Kolleg*innen das Leben schwerer gemacht, was absehbar war. Die Überarbeitung und die Finanzierungsprobleme in frühren Runden, wenn sich nicht externe Kooperationspartner*innen finden, werden diese Probleme nur verschärfen und die Belastungen auf die wenigen Stellen, die da sind, konzentrieren.

3. SoWi
Auch hier scheinen zentrale Mittel keine große Rolle zu spielen, denn es geht denen am besten, die Drittmittel einwerben konnten – dass das gut funktioniert, wird von eine*r Kolleg*in aber auch als positive Sondersituation dargestellt. In dieser haben Verträge für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen auch entsprechend lange Laufzeiten. Die zentralen Mittel sind aber auch hier rückläufig, was zu dem Problem führt, dass beispielsweise Tutorien, die nur durch zentrale Mittel bezahlt werden dürfen, nicht mehr bezahlt werden konnten. Diese Einsparung hat sich in der Lehre negativ ausgewirkt.

Auch hier wurden wir darauf hingewiesen, dass die Situation des wissenschaftsstützenden Personals noch prekärer ist, da Personalsituation und Mittelausstattung noch viel dürftiger als beim wissenschaftlichen Personal aussehen. Diese chronische Unterbesetzung gerade im wissenschaftsstützenden Bereich hat durchaus großen Einfluss auf die Qualität von Lehre und Forschung.

Unsere Prognose: Eine Rückläufigkeit der zentralen Mittel führt zu einem größeren Wettbewerb um Drittmittel. Das vergrößert den Einfluss von außen auf die Lehre, besonders wenn jetzt schon von didaktisch schwer vertretbaren Ausfällen von Lehrveranstaltungen gesprochen wird. Solch eine Einflussnahme kann die freie Forschung und Lehre gefährden, mit dem neolieralen BayHiG im Rücken stehen die Chancen für solche Einflussnahmen gerade an der SoWi hoch.

4. Fazit
Die Krise der Hochschulfinanzierung ist in allen Bereichen der Uni Bamberg spürbar, so gibt es eine zu dünne Personaldecke auch in der Verwaltung durch alle Bereiche hindurch: Verspätete Lohnzahlungen waren 2024 an der Tagesordnung, Kolleg*innen berichten von Computern, die ewig nicht repariert wegen konnten wegen Personalmangels. Das Kleinreden dieser Krise muss endlich ein Ende finden und wir müssen an Bayerns Hochschulen gemeinsam für eine bessere Ausfinanzierung kämpfen – wie wir sehen, gibt es bereits Kolleg*innen und Kommiliton*innen, die ohnehin nichts mehr zu verlieren haben.

Gerade in Anbetracht der kommenden Tarifrunde der Länder gilt es für uns als Gewerkschaftsbewegung, den Finger in die Wunde zu legen und diese Augenwischerei der Landesregierung einer zukunftsfähigen Hoschschullandschaft in Bayern als das zu entlarven, was sie ist: Ein Blendungsversuch, der von einem riesigen Finanzierungsdefizit ablenken soll. Dass dieses da ist, haben unsere Kolleg*innen in den Berichten eindrucksvoll bewiesen. Deshalb fordern wir eine faire Verteilung von Geldern im wissenschaftlichen Bereich.

All das können wir nur gemeinsam erreichen! Wenn du also aus deinem Lehrstuhl oder deiner Abteilung etwas zu unserer Erzählung beitragen kannst, dann melde dich gern. Ob wissenschaftsstützendes Personal, Student*in oder wissenschaftliche Mitarbeiter*in, wir wollen, dass statt Markus Blumes HighTech-Geschwafel über KI und Kernfusion oder Söders autoritären Verboten von Zivilklauseln endlich einmal die Beschäftigten an den Universitäten Schlagzeilen machen!

Für eine gute Universität für alle!

Meldet euch bei: dgb-hsg-bamberg[at]riseup.net

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