Gastbeitrag: „Was kann ich gegen Rassismus tun?“

Gerne stellen wir unseren Blog auch Gruppen für einen Gastbeitrag zur Verfügung, wenn diese keine eigene Internetpräsenz besitzen. Der heutige Blogeintrag geht auf Antonia Raßmus für „Aufstehen gegen Rassismus Bamberg“ zurück:

Juni 2020 – Die von der #BlackLivesMatter-Bewegung global angestoßene Diskussion um Rassismus war in den Nachrichten und auf Social Media ein vorherrschendes Thema. Dass dies erst durch den Tod von George Floyd passieren musste, ist schlimm genug. Denn dass BIPoC (Black, Indigenous and People of Colour) unter Diskriminierung leiden und daran sterben, ist nicht neu.

Egal ob es um die Polizeigewalt (besonders) gegenüber BIPoC geht oder um Alltagsrassismus – länger als ein paar Tage oder Wochen hält sich das Thema nicht. Ganz im Gegenteil, das Gespräch wird seit Jahrzehnten immer wieder begonnen und bleibt für einige Wochen im Gedächtnis. Bis dann ein „ausreichender“ Teil der weißen Menschen sich öffentlich dazu bekannt hat, nicht rassistisch zu sein, und auf eine bessere Welt hoffen.

Doch diese Art von Solidarität ändert nicht viel. Die Demonstrationen und Forderungen sollen und dürfen nicht als kurzes Ereignis für den Juni 2020 stehen, wenn wir in ein paar Monaten auf das Jahr zurückblicken. Die Missstände greifen tiefer und verlangen nach einer Aufarbeitung, die sich nicht in einer Woche bewältigen lässt.

Dieser Text soll eine (keineswegs vollständige) Anlaufstelle für alle sein, die sich jetzt fragen: „Wo soll ich anfangen? Wie kann ich langfristig etwas ändern?“ Vielleicht auch mit dem Zusatz: „Auch wenn ich sowieso gegen Rassismus bin?“ Die Informationen sind Ideen und Fakten, die von BIPoC vorwiegend auf anderen Plattformen und teilweise auf Englisch geäußert wurden, weswegen die Zusammenstellung hier eigentlich nur einen Zweck hat: Den Einstieg zu erleichtern. Das ist keine Schritt-für-Schritt Anleitung, wie wir morgen mustergültige AntirassistInnen werden, und sowas gibt es auch nicht. Vielmehr handelt es sich um Gedankenanstöße, die unsere Mitarbeit erfordern.

(Bildquelle: independentpress.net (Instagram))

Petitionen & sinnvoll Spenden

 

Petitionen zu unterzeichnen, dauert wenige Minuten. Hier finden wir eine Reihe verschiedener Petitionen. Alternativ ergibt eine schnelle Internetsuche auch weitere Petitionen, die sich mit Rassismus in Deutschland auseinandersetzen.

Spenden kann man direkt an Einzelpersonen, Fundraiser und Organisationen. Hier gibt es Möglichkeiten, um Demonstranten, zurückgebliebene Familien, Opfer von Polizeigewalt und fälschlicherweise Inhaftierte, Hilfsorganisationen und lokale Unternehmen von BIPoC zu unterstützen. Viele große Organisationen leiten gerade allerdings freiwillig Spenden an andere Punkte um, weil sie an so vielen Stellen benötigt werden (1, 2, 3, 4,…). Deswegen schadet ein kurzer Blick auf die Website oder Internetpräsenz unserer Auswahl nicht, um das Geld schneller an die Menschen zu bringen, die es sofort brauchen.

Auch Organisationen hier in Deutschland sind auf langfristige Förderung angewiesen, um Opfer von Rassismus zu unterstützen, sichere Räume für BIPoC zu schaffen und Bildungsarbeit anzubieten. Mehr Infos finden wir mitunter bei EOTO, ISD und KOP.  Dabei sollten wir regelmäßige und dafür kleinere Spendenbeträge in Betracht ziehen, da sie eine nachhaltigere Förderungsmethode darstellen, sobald die mediale Aufmerksamkeit schwindet.

Zusätzlich oder wenn wir nicht spenden können, gibt es auf YouTube Menschen, die den Gewinn aus Videos spenden. Dafür haben sie extra Videos mit viel Werbung hochgeladen, die man im Hintergrund (anderer Tab, stumm) laufen lassen kann.

Bildung und Informationen

Bücher

Nicht erschrecken – es folgen ein paar Listen mit Empfehlungen zu Titeln aus dem Bereich Belletristik und der Fachliteratur. Die große Auswahl bietet verschiedene Medien (z.B auch Hörbücher & Ebooks), Sprachen und Themenfelder an. Daraus können wir uns zum Beispiel eine persönliche Leseliste erstellen, welche wir dieses Jahr anstreben wollen. Als Einstieg empfehlen wir „Exit Racism“ von Tupoka Ogette und „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten.“ Von Alice Hasters, welche auch bei Spotify zur Verfügung stehen. Mehr gibt es hier (nur englisch) und hier (deutsch und englisch).

Podcasts

Hier nur ein paar Nennungen für die Zuhörer unter uns. Es gibt noch viel mehr gute Podcasts von und mit BIPoC, aber bei den genannten haben wir schon reingehört.

Feuer und Brot – Die langjährigen Freundinnen Maxi (Sprecherin) und Alice (freie Autorin) reden einmal im Monat über Politik & Popkultur. Auf Spotify, iTunes, Deezer und anderen Seiten.

Rice and Shine – Vanessa, Minh Thu (Journalistinnen) und Linh (redaktionelle Mitarbeit) reflektieren aus vietdeutscher Perspektive alle möglichen Themen, manchmal auch mit Gästen. Zu finden bei Spotify, Apple Podcast und anderen Anbietern. Neue Folgen kommen am 15. des Monats.

Kanackische Welle – Die Journalisten Marcel und Malcolm reden (oft mit Gästen) über Popkultur, Rassismus, religiöse Spannungen und das Dasein als Kanacke im Westen. Ein bis zweimal im Monat bei Spotify oder als Download.

Halbe Katoffl – Der Journalist Frank spricht mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben. Dabei geht es um Erfahrungen und Themen wie Integration oder Identität. Erscheint ca. alle zwei Wochen bei Spotify und Apple Podcasts.

Tupodcast – Gespräche zwischen Schwarzen Frauen übers (Über-)Leben, Lieben, Entdecken, (Er-) schaffen, (Er-) kämpfen, (Er)-erforschen Inspirieren und Schreiben. Über Widerstand und Heilung. Über Trauer und Hoffnung. Über Rassismus und Empowerment. Von Tupoka Ogette (Anti-Rassismustrainerin, Aktivistin und Autorin), erscheint zwei bis dreimal im Monat auf allen möglichen Plattformen.

Dokumentationen, Filme und Serien

Selbst wenn wir einfach abends auf der Couch liegen und nach einer neuen Serie suchen, können wir uns weiterbilden. Ob es eine Doku (z.B. Der 13., Afro.Deutschland, Strong Island,…) sein soll oder uns eher nach Entspannung ist – hier können alle von uns etwas mitnehmen. Verschiedene Streamingdienste haben eine große Auswahl, die sich aber auch unabhängig von den Plattformen im Einzelhandel erwerben lässt.

Konsum – materiell und medial

Viele unserer alltäglichen Entscheidungen passieren ganz nebenbei. Einkaufen gehen, Musik hören, Nachrichten schauen, Social Media checken. Auch dabei ist es wichtig, einen genauen Blick auf das zu werfen, was wir unterstützen. So einzukaufen, dass alles dabei fair, nachhaltig, lokal, unabhängig von großen Unternehmen und inklusiv ist, kann sich kaum jemand leisten. Doch auch hier haben wir Einfluss. Welche Lebensmittel haben rassistische Maskottchen? Gibt es Importfirmen, die aktiv gegen die Ausbeutung von indigenen Völkern arbeiten? Ist unsere liebste Kosmetik nur auf weiße Menschen abgestimmt? Wie lang ist uns eigentlich schon bekannt, wer unsere Kleidung herstellt?

Und warum ist kulturelle Aneignung problematisch, die besonders in der Musik, Kunst und Mode so eine große Rolle spielt? Eine ganze Folge wird dem Thema zum Beispiel im Realitäter*innen Podcast gewidmet (Spotify, Folge 11).

Sofort sämtlichen Konsum einzustellen, ist in unserer Gesellschaft nicht möglich. Doch wir können unser Verhalten überdenken. Öffentlich Firmen zu kritisieren und anerkannt anti-rassistische Marken zu unterstützen, ist eine Möglichkeit.

Letztlich geht es darum, BIPoC zuzuhören und noch wichtiger, ihnen endlich zu glauben. Momentan findet man besonders in sozialen Netzwerken viele Informationen von Menschen, die Rassismus erleben. Denn Ausgrenzung in unserer Gesellschaft hat ihnen die Möglichkeit genommen, gehört zu werden. Hier gibt es eine Sammlung von Accounts, die sich zu allen möglichen Themen äußert (die meisten davon findet ihr auch zum Beispiel auf Facebook). Stimmen von BIPoC gibt es aber nicht nur im Aktivismus. Ob ihr anderen Menschen folgt, weil sie was zu Ernährung, Mode oder Kultur posten – auch diese Bereiche stecken voller Diversität, die wir aktiv anstreben sollten.

Auch wir – die Antirassist*innen – müssen uns mit dem Thema beschäftigen. Denn wir werden bei der Auseinandersetzung mit den ganzen Bildungsmöglichkeiten noch viel lernen. Und das ist wichtig, denn wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen.