Offenes Antwortschreiben an die Abteilung Studium und Lehre

Am 30. Januar wurden wir von der Universitätsleitung informiert, dass sich die Kriterien für die Auflistung der hochschulnahen Gruppen auf der Homepage der Universität Bamberg ändern sollen. Entsprechend dieser Änderungen sollen u.a. wir bis zum 30. April der Abteilung Studium und Lehre antworten. Diese Antwort soll Sinn und Zweck mit Bezug auf das universitäre Leben, „Mission Statement“, eine Ansprechperson mit studentischer E-Mail-Adresse sowie mindestens sieben weitere eingeschriebene Studierende enthalten, damit wir auch weiterhin auf der oben verlinkten Seite zu finden sind. Wir lehnen eine Auflistung unter diesen Bedingungen ab und dokumentieren an dieser Stelle unsere Antwort:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mit dem Schreiben vom 30. Januar und den sich daraus folgenden Konsequenzen wird studentisches Engagement an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg nachhaltig erschwert, was wir entschieden ablehnen.

Bisher wurden wir in Ihrer Liste der hochschulnahen Gruppen aufgeführt und auch die Änderung unserer E-Mail-Adresse sowie das Ergänzen der Homepage war bisher problemlos und ohne formellen Aufwand möglich. Dafür sind wir sehr dankbar, können wir doch – und wahrscheinlich auch Sie – dadurch Kraft und Zeit in sinnvollere Tätigkeiten investieren. Auch sind wir dankbar, dass es eine solche Auflistung gibt und damit neu immatrikulierten Studierenden ein unkomplizierter Zugang ermöglicht wird, sich zu engagieren.

Uns fehlt allerdings komplett das Verständnis, warum das bisherige Procedere nun ersetzt werden soll. So ist uns keine Verfehlung bekannt, in der sich „fremde Gruppen hier Zugang verschaff[t]“ haben. Vor allem dadurch, dass Veranstaltungen gegenüber der Universitätsleitung (verständlicherweise) angezeigt werden sollen und „ungebetenen Eindringlingen“ per Hausrecht den Universitätsräumen verwiesen werden können. Auch das Argument der „Karteileichen“ ist für uns nicht nachvollziehbar: Sollte jemand auf eine externe Seite verwiesen werden, die seit geraumer Zeit nicht mehr aktualisiert wird, dann ist es offensichtlich, dass diese inaktiv ist. Dass ein solcher Link auf der Homepage ist, wird niemand ernsthaft der Universität vorwerfen – und selbst wenn, würde es ausreichen, einmal im Jahr oder im Semester die Links durchzugehen und auf diese Weise „auszumisten“. Das wäre ein Aufwand, den diese Abteilung von außen betrachtet doch ohne das Ansammeln hunderter Überstunden bewältigen können müsste.

Wenn es nur diese Argumente Ihrerseits gäbe, dann würden wir angesichts dieses unnötigen bürokratischen Aktes den Kopf schütteln und zur Tagesordnung übergehen. Aber weit gefehlt: Es werden nicht hinnehmbare Kriterien für die in zukünftig weitere Listung von Seiten der Universität definiert:

Warum reicht eine Ansprechperson nicht aus, sondern es müssen mindestens sieben immatrikulierte Studierende genannt werden? Was ist mit Hochschulgruppen die weniger als sieben Studierende aufweisen können? Sind es diese in Ihren Augen nicht wert, dort aufgeführt zu werden? Was ist mit hochschulnahen Gruppen, die sich neu gründen wollen? Sind diese solange (für Sie) nicht existent, bis sie sieben Mitglieder haben? Hier werden dem studentischen Engagement völlig ohne Not Steine in den Weg gelegt. Unnötig wird die Darstellung der Vielzahl und Pluralität der verschiedenen Hochschulgruppen eingegrenzt von einer Universität, die sich auch eine weltoffene Hochschule auf ihrer Homepage nennt.

Auch den Vorwurf des unsensiblen Umgangs mit Mitgliedern von Gruppen, die dadurch zu einem ungewollten Outing gezwungen werden, müssen Sie sich gefallen lassen. Vor allem, wenn dieses Outing mit negativen Konsequenzen für diese Studierenden einhergeht. Aus unserer Perspektive werden dadurch unnötigerweise Hürden für studentisches Engagement aufgebaut, bzw. dessen Darstellung auf der Universitäts-Homepage.

Zuzüglich der semesterweisen „Rückmeldung für Hochschulgruppen“ wird durch zusätzliche Bürokratie für Universität und Studierende das Interesse an studentischem Engagement konterkariert.

In unseren Augen sollte die Universität studentisches Engagement fördern und nicht durch in unseren Augen sinnlose Verschärfungen erschweren. Ein Studium ist mehr als eine Qualifizierung für den Arbeitsmarkt, der Förderung von „Employability“, sondern dient auch der demokratischen, sozialen und kulturellen Bildung. Diese letztgenannten Ziele hat die Universität mit dieser Maßnahme nicht im Blick.

Dass diese Hürde auch erst aufbaubar ist, zeigt einmal mehr deutlich auf, wie dringend notwendig die Einführung einer Verfassten Studierendenschaft in Bayern ist. Wir können uns beim Lesen dieses Briefes kaum vorstellen, dass dessen Inhalt mit den studentischen Vertreter*innen im Vorfeld abgesprochen war. Um diese strukturelle Bevormundung von Studierenden, denen doch nach Beendigung des Studiums komplexe und verantwortungsvolle Tätigkeiten zugemutet werden sollen, zu beenden, erscheint uns dessen Einführung alternativlos. Da auch uns bewusst ist, dass wir am morgigen Tag (noch) nicht mit einer Verfassten Studierendenschaft aufwachen werden, empfehlen wir der Studierendenvertretung – die eine Kopie dieses Schreibens erhält – auf ihrer Homepage eine Übersichtsseite für hochschulnahe Gruppen einzurichten und diese selbst zu verwalten. Die Universität muss dann lediglich auf diese Seite verweisen. So sparen sich alle Seiten unnötige bürokratische Kontrollen, kleine Gruppen werden nicht von dieser Auflistung „getilgt“ und studentisches Engagement und dessen hochschulöffentliche Bewerbung kann weiterhin statt finden. Zudem werden die Mitarbeiter*innen der Abteilung Studium und Lehre nicht mit sinnloser Bürokratie beschäftigt.

Mit solidarischen Grüßen

DGB-Hochschulgruppe Bamberg

2 Gedanken zu „Offenes Antwortschreiben an die Abteilung Studium und Lehre“

  1. Einen fairen Diskurs über dieses Thema fände ich auch wünschenswert. Vor allem, wenn ein für alle tragfähiger Kompromiss daraus erwächst.
    Mir ist allerdings nicht klar, wann eine Gruppe nichts mehr mit der Universität zu tun haben soll (z.B. eine Theatergruppe mit ausschließlich studentischen Mitgliedern, die aber nie in den Uni-Räumen probt und/oder aufführt). Auch eine politische Hochschulgruppe arbeitet ja nicht nur zu studentischen Themen. In meinen Augen wird hier eine unnötige Kategorisierung in „Uni-nah“ und „Uni-fern“ gemacht, wobei es doch gerade wünschenswert wäre, wenn Studierende auch aus der „Uni-Blase“ mal rauskommen oder andere Themen in diese „Blase“ reingetragen werden.
    Ich finde das bisherige Procedere eigentlich ganz gut (Gruppen melden sich bei Adressänderung o.Ä.) und ein*e Ansprechpartner*in für die Universität wird stets benannt. Das war in meinen Augen ausreichend und dass es zu Verfehlungen (durch hochschulnahe Gruppen) kam ist mir bisher nicht bekannt. Daher wird in meinen Augen ein funktionierendes Verfahren ohne Not abgeschafft.

  2. Wir wollen sicherstellen, dass die Universität nicht als Plattform für Gruppen genutzt wird, die nichts mit der Universität zu tun haben und evtl. ganz andere Ziele verfolgen. Wie man das optimal sicherstellt, ist sicher nicht ganz einfach – und das Schreiben ist der Versuch das ohne zu viel Aufwand sicher zu stellen. Wenn es bessere Möglichkeiten gibt, kann man die sicher diskutieren.

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