Stellungnahme zu „Hygiene-Demos“ in Bamberg

Plakat der Aktion 3. Welt Saar

(Bildquelle: a3wsaar.de | Plakat im pdf-Format)

Nachdem wir uns in unserem Blog schon einige Male zum Thmea Corona-Virus geäußert haben (Blog-Eintrag zu Covid-19 und Update), wollen wir uns diesmal mit einer Stellungsnahme zu den gegenwärtig stattfindenden „Hygiene-Demos“ positionieren, die vorraussichtlich auch dieses Wochenende wieder stattfinden werden:

Seit einigen Wochen organisieren sich sogenannte „Hygiene-Demos“ hier in Bamberg und in vielen weiteren deutschen Städten. Sie mahnen vor dem dauerhaften Verlust einiger Grundrechte, sollte die Landes- und Bundesregierung die Maßnahmen nicht bald lockern.

Ein kritisches Auge auf Notstandsmaßnahmen zu werfen ist notwendiger Bestandteil einer funktionierenden Demokratie – sie allerdings mit den Anfängen der NS-Diktatur oder dem Kontrollapperat der DDR zu vergleichen eine ganz schwierige Sache. Denn es gibt einen ganz einfachen Test herauszufinden, ob man in einer Diktatur lebt oder nicht: man geht mit einem politischen Thema, sagen wir gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung wöchentlich auf die Straße. Wird man verhaftet, eingesperrt oder für das Ausüben der Versammlungsfreiheit vom Staat Repressalien ausgesetzt, ist es durchaus sinnvoll, sich die Dikaturfrage zu stellen. Kann man dieses wöchentliche Ritual allerdings ohne staatliche Repression durchführen, löst sich der Diktatur-Duktus gelinde gesagt in Luft auf. Was davon gerade der Fall ist, sehen wir ja selbst.

Neben den individuellen Freiheiten die mit immer weiter folgenden Lockerungen nach und nach zurück kehren findet auch im politischen Diskurs kein Ausschluß oder gar Verfolgung der (außer-)parlamentarischen Opposition statt. Weder auf der Straße, im Rundfunk oder den sozialen Medien. Auch die Gewaltenteilung scheint noch intakt zu sein, wenn man auf die Urteile der Gerichte z.B. zur 800 qm – Regel schaut. Hinzu kommt die vierte Gewalt, dessen Einschränkungen eher durch den Gesundheitsschutz der Angestellten beispielsweise bei Interviews oder Pressekonferenzen als durch staatliche Kontrolle begründet sind. Trotz dieser Gegebenheiten sehen sich Menschen dazu genötigt ihre Grundrechte, was prinzipiell erstmal legitim ist, auf der Straße zu verteidigen.

Was für Menschen sich auf diesen Demos neben zweifelnden Bürger*innen noch so herumtreiben, lässt einem dann durchaus sauer aufstoßen: Reichsbürger*innen, Impfgegner*innen und andere Verschwörungstheoretiker*innen aller Coleur. Dies lässt sich für andere Städte genauso nachvollziehen wie es in Bamberg der Fall ist: Seien es offen rechts-affine Schilder auf denen das Wort „Freiheit“ auf schwarz-weiß-roten Grund geschrieben steht, verschwörungstheoretische Inhalte wie „Gib Gates keine Chance“ oder das Fantasieren von einer Impfpflicht (siehe verlinkte Artikel des Fränkischen Tags auf unserer Blick nach Rechts – Seite). Inhaltlich findet sich oft eine Nähe zu Positionen der AfD, in anderen Städten fand der Schulterschluss mit Mitgliedern der Partei bereits statt – wundern würde uns dieser Zusammenschluss auch in Bamberg nicht.

Am Ende ist es eine Ansammlung heterogener Vorstellungen von Gesellschaft, die aber zum Großteil das Bild einer problematischen und verkürzten Darstellung finsterer Mächte zeichnet. Kurz: Am Ende sind es „die da oben“. Sei es die Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bill Gates oder „die“ NWO. Die Schuld wird stets bei böswilligen Eliten gesucht, dessen Machenschaften nur durch das Engagement von Soul-Sängern, Fernsehköchen und anderen bisherigen ganz weit weg vom Politik-Betrieb beschäftigten Personen gelingen konnte. Natürlich muss eine Kritik, nur weil sie von keinem studierten Politikwissenschaftler kommt, nicht per se falsch sein, aber die daraus erfolgenden Konsequenzen sollten mitbedacht werden.

Aus unserer Perspektive sollte Kritik an den gegenwärtigen Verhältnissen stets dem Ziel dienen, soziale Ungleichheiten und Ausgrenzung zu beseitigen. Darum war es uns wichtig, systemrelevante Berufe und weitere gesellschaftliche Gruppen aus der Abseitsfalle zu holen – was wir mit unserem Straßentheater zum Ausdruck bringen wollten (zum kontaktlosen Flugblatt der Aktion). Dieses Ziel kann und wird in einer Querfront mit Rechtsradikalen nicht gelingen! Eine gelungene Kritik sollte die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen erkennen und benennen können. Darum ist uns auch der Bereich politische Bildung auf unserem Blog ein wichtiges Anliegen.

Unser Fazit: Lasst die Finger von der Querfront, verlasst auch mal eure Blase oder Echokammer und greift lieber zu durchdachter Literatur 🙂